Titel Veranstaltung Baden In Schoenheit 1

BADEN IN SCHÖNHEIT

DIE OPTIMIERUNG DES KÖRPERS IM 19. JAHRHUNDERT

Vom 6. Juni 2020 bis zum 28. Februar 2021 zeigt das Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts die Ausstellung „BADEN IN SCHÖNHEIT. Die Optimierung des Körpers im 19. Jahrhundert“.

“… die Ausstellung belässt es nicht beim Baden und der allmählichen Durchsetzung der Idee, das Wasser zu suchen, wo immer man es findet, sie fragt nach dem Bild, das jeweils vom menschlichen Körper besteht, nach dem Zugriff der Medizin auf ihn und nach sich wandelnden Ideologien, die einer Optimierung des Körpers das Wort reden, sie geht auf Abwege, schwelgt in Kuriositäten und findet immer wieder zurück.”, Tilman Spreckelsen, FAZ vom 29. Juni 2020

Nichts ist so aktuell, so gegenwärtig wie der eigene Leib. Den hat man immer dabei. Und auf den soll man schön aufpassen: Hygieneregeln einhalten, gesund essen, Bewegung, nicht oder nicht so viel rauchen und trinken, gute Frisur, gepflegte Erscheinung. Während des Lockdowns war einiges nicht möglich, das wir sonst selbstverständlich finden. Wellnessbäder, Fitnessclubs, Schönheitsoperationen, tägliche, ja stündliche Hygiene an Händen und Gesicht – viele heutige Körpertechniken nehmen ihren Anfang in der Badekultur des 19. Jahrhunderts. Damals mischten sich künstlerische Ideale und medizinischer Fortschritt, Gesellschaftsutopien und Apparatetechnik zu einem neuen Menschenbild. Der Leib war nun nicht mehr Gott und Natur schicksalhaft ergeben. Als Körper wurde er zum Projekt, zum zukunftsoffenen Entwurf.

“… So dass man dieser Ausstellung auch Hinweise auf die Genese unserer Gegenwart ablesen kann.”, Tilman Spreckelsen, FAZ vom 29. Juni 2020

Idyllische Strände und elektrisches Wasserbad nach Friedrich Eduard Bilz (1842–1922), idealische Nacktheit und Bügelkorsett: Die Ausstellung zeigt, wie sich Kunst und Medizintechnik in der Badekultur ergänzten. Berühmte Künstler wie Aristide Maillol (1861–1944), Christian Landenberger (1862–1927), Ludwig von Hofmann (1861–1945), Karl Albicker (1878–1961) und Sascha Schneider (1870–1927) feierten in ihren Skulpturen und Monumentalgemälden männliche und weibliche Nackte als ebenso natürliche wie ideale Gestalten am Wasser. Den Kunstwerken stehen historische Fitnessgeräte gegenüber, mit deren Hilfe der Normalkörper die künstlerisch überhöhte Schönheit erreichen sollte, beispielsweise der gusseiserne Rumpfdrehstuhl von Gustav Zander (1835–1920). Ergänzt werden die alten Turnapparate durch heutige Fitnessgeräte, bei deren Benutzung die Ausstellungsbesucher die Thesen der Ausstellung mit dem eigenen Leib erfahren können.
Sowohl die medizinische Technik als auch Malerei und Skulptur entwickelten sich im 19. Jahrhundert zu experimentellen Diskursräumen der Erforschung, Verschönerung und Optimierung des menschlichen Leibes. Viele damalige Innovationen und Erfindungen sind bis heute gültig und erfolgreich, weil sie konsequent das Unsichtbare, das körperlich und seelisch Innere, mit dem Sichtbaren, dem Messbaren, Trainierbaren, Operierbaren verknüpften. Die mikroskopische Einsicht in Bazillen und Erreger führte zu allgemeiner Hygiene, klinischer Antisepsis und völlig neuen chirurgischen Möglichkeiten. Ab 1895 konnte mit der Röntgentechnik direkt in das Körperinnere hineingeschaut werden. Die moderne Technik schien eine Art rationalen Gesundheitszauber zu erlauben, der bis heute anhält.
Zeitgenössisch wurden die rasanten Neuerungen der körperlichen Ertüchtigung im und mit Wasser von den Karikaturisten kommentiert. Honoré Daumier (1808–1879) und Grandville (1803–1847) zeigen die Komik der Kurbäder, öffentlichen Schwimmbäder und stadtnahen Badestrände. Wildfremden Menschen bei ihren anstrengenden Freizeitaktivitäten zuzusehen, ist nicht erst eine Erfahrung heutiger Fitnessclubs und am besten mit Humor zu verstehen.

“Zugleich stehen die Zeichnungen von Daumier (…) neben den übermächtigen Bildern von Künstlern wie Ludwig von Hofmann, die den nackten badenden Körper ohne alle Ironie feiern. Aufbruch oder Skepsis? Wie beides hier zusammengeht, macht die Ausstellung einleuchtend klar.”, Tilman Spreckelsen, FAZ vom 29. Juni 2020

Datum

06 Jun 2020 - 28 Feb 2021
Vorbei!
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